Ab dem 1. Januar 2026 wird das Rentensystem in Deutschland umfassend reformiert. Mit der neuen Aktivrente dürfen Rentner künftig bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei hinzuverdienen. Ziel der Reform ist es, ältere Menschen länger im Arbeitsleben zu halten und das Sozialsystem zu entlasten. Gleichzeitig sorgt die Änderung für neue Diskussionen über Generationengerechtigkeit, Rentenhöhe und den tatsächlichen Nutzen der Maßnahme für Durchschnittsrentner, die eu-baustoffhandel.de berichtet.
Was bedeutet die Aktivrente konkret
Die Aktivrente ist kein zusätzliches Rentengeld, sondern ein steuerliches Anreizmodell. Rentner, die die Regelaltersgrenze erreicht haben, dürfen ab 2026 monatlich bis zu 2.000 Euro steuerfrei hinzuverdienen. Das ergibt im Jahr bis zu 24.000 Euro steuerfreies Einkommen. Voraussetzung ist, dass die Tätigkeit sozialversicherungspflichtig ist – selbstständige Arbeit oder Gewerbe fallen nicht darunter. Ziel ist, ältere Beschäftigte zu motivieren, im Beruf zu bleiben und Wissen weiterzugeben.
Der steuerfreie Hinzuverdienst wird nicht auf andere Einkünfte angerechnet und erhöht auch nicht den Steuersatz. Trotzdem müssen weiterhin Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung gezahlt werden. Die Pflicht zur Arbeitslosenversicherung entfällt. Der Starttermin der Aktivrente ist der 1. Januar 2026, die endgültige Zustimmung von Bundestag und Bundesrat steht aber noch aus.
Tabelle: Die wichtigsten Fakten zur Aktivrente ab 2026
| Regelung | Beschreibung |
|---|---|
| Steuerfreier Zusatzverdienst | Bis zu 2.000 Euro monatlich bzw. 24.000 Euro jährlich |
| Gültigkeit | Ab 1. Januar 2026 |
| Berechtigte | Rentner mit Erreichen der Regelaltersgrenze |
| Bedingung | Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung |
| Ausgeschlossen | Selbstständige, Freiberufler, Gewerbetreibende |
| Abgaben | Kranken- und Pflegeversicherung bleiben, keine Arbeitslosenversicherung |
| Ziel | Längeres Arbeiten im Alter attraktiver machen |
Durchschnittliche Rentenhöhe und Voraussetzungen für den Rentenanspruch
Die gesetzliche Durchschnittsrente in Deutschland liegt aktuell bei rund 1.580 Euro brutto pro Monat für Männer und etwa 1.260 Euro für Frauen. Nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben bleiben im Schnitt zwischen 1.200 und 1.350 Euro netto. Allerdings hängt die tatsächliche Höhe stark von der Zahl der Beitragsjahre und vom individuellen Einkommen während des Berufslebens ab.
Um Anspruch auf die gesetzliche Altersrente zu haben, müssen mindestens fünf Versicherungsjahre (Mindestversicherungszeit) nachgewiesen werden. Für eine volle Rente ohne Abschläge ist ein deutlich längerer Zeitraum erforderlich: Im Jahr 2025 liegt die Regelaltersgrenze bei 66 Jahren, sie steigt schrittweise bis 2031 auf 67 Jahre an. Wer früher in Rente gehen möchte, muss mit Abschlägen von etwa 0,3 Prozent pro Monat des vorzeitigen Rentenbezugs rechnen.
Für eine „Standardrente“ wird in Deutschland von 45 Beitragsjahren ausgegangen. Nur wer diese erfüllt, kann mit einer vollen Durchschnittsrente rechnen. Bei unterbrochenen Erwerbsbiografien oder Teilzeitarbeit fällt die Rente entsprechend niedriger aus – was besonders Frauen betrifft, die häufig familienbedingt weniger Beitragsjahre erreichen.
Wer profitiert am meisten von der Aktivrente
Laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung profitieren rund 230.000 erwerbstätige Rentner unmittelbar von der Aktivrente. Besonders interessant ist sie für gutverdienende Seniorinnen und Senioren, die ohnehin noch beruflich aktiv sind. Nach Berechnungen der Bundesregierung werden etwa 168.000 Personen den steuerfreien Zusatzverdienst tatsächlich nutzen.
Finanziell bedeutet die Reform für den Staat zunächst Mindereinnahmen von bis zu 890 Millionen Euro jährlich. Die Regierung setzt jedoch darauf, dass durch längere Beschäftigung älterer Arbeitnehmer wieder mehr Steuereinnahmen entstehen. Damit wird die Aktivrente auch zu einem ökonomischen Experiment, das langfristig die Beschäftigungsquote in höheren Altersgruppen erhöhen soll.
Kritik an der Reform
Sozialverbände kritisieren, dass die Aktivrente vor allem Besserverdienende begünstigt. Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa sprach von einem „Steuergeschenk für Ältere zulasten der Jüngeren“. Familien, die nach einer Elternpause wieder arbeiten, würden für jeden verdienten Euro Steuern zahlen, während Rentner 2.000 Euro monatlich steuerfrei behalten dürfen.
Auch der Sozialverband VdK äußerte Bedenken. Präsidentin Verena Bentele erklärte, dass die Aktivrente „weniger neue Jobs als vielmehr Mitnahmeeffekte“ schaffen werde. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sieht in der Reform eine „teure Maßnahme ohne nachhaltigen Effekt“ und fordert stattdessen mehr Investitionen in Weiterbildung und Altersvorsorge.
Kritiker befürchten zudem, dass die Aktivrente die soziale Ungleichheit im Rentensystem vertieft, da viele Menschen mit niedrigen Renten gar nicht in der Lage sind, weiterzuarbeiten. Für sie bleibe die Steuerbefreiung ein theoretischer Vorteil ohne reale Wirkung.
Chancen und Risiken für die Zukunft
Befürworter sehen in der Aktivrente einen Schritt in die richtige Richtung, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen. Viele Branchen – besonders Pflege, Handwerk und öffentliche Verwaltung – sind auf erfahrene Mitarbeiter angewiesen. Die Aktivrente soll es ermöglichen, dass Rentner ihr Wissen weitergeben, ohne steuerlich benachteiligt zu werden.
Gleichzeitig birgt die Reform Risiken. Wenn der steuerfreie Hinzuverdienst vor allem einkommensstarken Rentnern zugutekommt, könnte die soziale Spaltung zunehmen. Zudem bleibt abzuwarten, ob tatsächlich mehr ältere Menschen länger arbeiten wollen oder können – insbesondere in körperlich anstrengenden Berufen.
Die Aktivrente ab 2026 stellt einen großen Einschnitt in der deutschen Rentenpolitik dar. Sie eröffnet neue finanzielle Möglichkeiten für viele Seniorinnen und Senioren, verändert aber auch das Gleichgewicht zwischen Arbeit, Ruhestand und sozialer Gerechtigkeit. Zusammen mit dem bestehenden Rentenniveau und der schrittweise steigenden Altersgrenze entsteht ein komplexes System, das sowohl Chancen als auch Konfliktpotenzial birgt. Ob die Reform langfristig Erfolg haben wird, hängt davon ab, wie viele Menschen tatsächlich bereit sind, im Alter weiterzuarbeiten.
