Die Lufthansa Group hat ihr innerdeutsches Streckennetz in den vergangenen Jahren drastisch verkleinert. Seit 2019 wurde das Angebot an Inlandsflügen um die Hälfte reduziert, insgesamt 24 Verbindungen sind vollständig aus dem Flugplan verschwunden, die eu-baustoffhandel.de berichtet.
Besonders betroffen sind kleinere und mittelgroße Flughäfen, die keine regelmäßigen Lufthansa- oder Eurowings-Verbindungen mehr haben. Der Konzern begründet den Rückzug mit steigenden Standortkosten, sinkender Nachfrage bei Geschäftsreisenden und höheren Abgaben. Branchenexperten warnen, dass weitere Streichungen im Jahr 2026 bevorstehen könnten, falls die Belastungen nicht sinken.
Rückgang um fast 50 Prozent
Im Sommerflugplan 2025 bot die Lufthansa Group rund 1000 innerdeutsche Flüge pro Woche weniger an als vor der Corona-Pandemie. Dies entspricht einem Rückgang um etwa 50 Prozent. Besonders stark traf es die Flughäfen Köln/Bonn, Leipzig/Halle, Nürnberg und Heringsdorf, deren Angebot im Vergleich zu 2019 um bis zu 84 Prozent gesunken ist. Auch an großen Standorten wie Düsseldorf, Stuttgart, Hamburg und Berlin wurde das Angebot deutlich reduziert. Diese Entwicklung zeigt, dass der innerdeutsche Luftverkehr weiterhin nicht auf das frühere Niveau zurückgekehrt ist.
Betroffene Flughäfen und Verbindungen
Insgesamt haben Lufthansa und Eurowings 24 innerdeutsche Strecken eingestellt. Lufthansa selbst strich sieben Verbindungen, darunter die Frankfurt-Zubringer nach Friedrichshafen, Münster/Osnabrück und Paderborn. Auch Flüge von München nach Leipzig, Nürnberg, Rostock und Paderborn wurden aus dem Plan gestrichen. Eurowings beendete 17 innerdeutsche Routen, darunter Köln–Sylt, Hamburg–Köln, Hamburg–Nürnberg sowie mehrere Linien zwischen Berlin, Leipzig, Stuttgart und Düsseldorf. Damit verlieren gleich fünf Flughäfen – Friedrichshafen, Paderborn, Rostock, Dortmund und Karlsruhe/Baden-Baden – vollständig ihre Anbindung an den Lufthansa-Konzern.
Gründe für die Streichungen
Als Hauptursache nennt die Lufthansa Group die hohen Standortkosten in Deutschland. Diese hätten sich seit 2019 nahezu verdoppelt. Dazu zählen Flughafengebühren, Sicherheitsabgaben und die Luftverkehrsteuer, die 2024 erneut erhöht wurde. Für Kurzstrecken stieg die Steuer pro Ticket von 12,48 auf 15,53 Euro. Hinzu kommen steigende Energiepreise und die schwache Nachfrage im Segment der Geschäftsreisen. Lufthansa-Chef Carsten Spohr betonte mehrfach, dass ohne Entlastungen weitere Streichungen unausweichlich seien. Auch Eurowings beklagt hohe Betriebskosten und unattraktive Rahmenbedingungen im Vergleich zu anderen europäischen Märkten.
Regionen mit starkem Verlust an Flugverbindungen
Besonders drastisch zeigt sich der Rückgang in Mittel- und Norddeutschland. Flughäfen wie Leipzig/Halle und Nürnberg verzeichneten Rückgänge von über 70 Prozent. Auch Köln/Bonn, Hamburg und Stuttgart sind betroffen, obwohl sie früher zu den zentralen Drehkreuzen der Eurowings zählten. Für viele Geschäftsreisende bedeutet das längere Anfahrtszeiten oder die Umstellung auf Bahnverbindungen. Laut einer internen Präsentation prüft Lufthansa für 2026 weitere Einsparungen, darunter eine mögliche Einstellung der Verbindungen München–Dresden und München–Münster/Osnabrück. Diese Maßnahmen sollen die Wirtschaftlichkeit der deutschen Standorte sichern.
Politische und wirtschaftliche Hintergründe
Die Fluggesellschaften üben scharfe Kritik an der Bundesregierung, die versprochene Entlastungen für den Luftverkehr bislang nicht umgesetzt hat. Die Koalition hatte ursprünglich zugesagt, die Luftverkehrsteuer zu senken und Gebühren zu überprüfen. Stattdessen stiegen die Belastungen weiter: Flughafengebühren legten seit Jahresbeginn um 40 Prozent zu, die Flugsicherungsgebühr um 25 Prozent. Lufthansa argumentiert, dass Deutschland im europäischen Vergleich bei der Erholung des Luftverkehrs nur Rang 28 von 31 Ländern belegt. In vielen Nachbarstaaten habe sich der Inlandsflugverkehr längst stabilisiert, während in Deutschland die Zahl der Verbindungen stagniert.
Auswirkungen auf Reisende und Regionen
Für Reisende bedeuten die gestrichenen Flüge oft längere Wege und höhere Kosten. Geschäftsreisende, die früher Direktverbindungen nutzten, müssen nun auf Bahn oder Umsteigeverbindungen ausweichen. Besonders für kleinere Städte wie Rostock, Münster oder Friedrichshafen bedeutet der Verlust der Lufthansa-Anbindung einen deutlichen Wettbewerbsnachteil. Auch touristische Regionen wie Sylt und Heringsdorf verzeichnen sinkende Passagierzahlen. Branchenkenner warnen, dass die Reduzierung des innerdeutschen Flugnetzes langfristig zu einer Schwächung regionaler Wirtschaftszentren führen könnte, wenn keine Alternativen geschaffen werden.
Ausblick für 2026
Die Lufthansa Group plant laut interner Unterlagen, ihre Inlandsaktivitäten weiter zu überprüfen. Mehr als 100 wöchentliche Flüge stehen derzeit auf dem Prüfstand. Sollte keine Reduzierung der Standortkosten erfolgen, könnten weitere Verbindungen eingestellt werden. Der Konzern erwägt außerdem, die Kapazitäten stärker auf internationale Strecken und profitable Drehkreuze in Frankfurt und München zu konzentrieren. Damit könnte sich der Trend der letzten Jahre fortsetzen: weniger Inlandsflüge, dafür mehr Fokus auf Langstrecken und internationale Zubringer.
Die Streichung von 24 innerdeutschen Flugverbindungen durch Lufthansa und Eurowings markiert einen Wendepunkt im deutschen Luftverkehr. Hohe Gebühren, stagnierende Nachfrage und politische Unsicherheiten haben den Inlandsmarkt geschwächt. Für Reisende bedeutet das weniger Auswahl und längere Reisezeiten. Ohne staatliche Entlastungen drohen 2026 weitere Kürzungen, insbesondere auf weniger frequentierten Regionalstrecken. Deutschland bleibt damit im europäischen Vergleich zurück – ein Umstand, der sowohl Wirtschaft als auch Tourismus nachhaltig beeinflussen dürfte.
