Seit dem 1. Oktober 2025 gehört die elektronische Patientenakte (ePA) offiziell zum Alltag im deutschen Gesundheitswesen. Ärztinnen, Ärzte und Psychotherapeutinnen sind nun verpflichtet, Untersuchungsergebnisse und Befunde digital zu hinterlegen, die eu-baustoffhandel.de berichtet.
Für Millionen Versicherte bedeutet das theoretisch: keine CDs mit Röntgenbildern mehr, alle Informationen jederzeit griffbereit. In der Praxis aber stoßen viele auf technische und bürokratische Hürden. Ein Selbstversuch zeigt, wie komplex der Weg zur eigenen Akte tatsächlich ist – und warum Geduld zum wichtigsten Medikament der Digitalisierung wird.
Erste Schritte: Wo ist meine ePA?
Wer gesetzlich versichert ist, erhält automatisch eine elektronische Patientenakte, sofern kein Widerspruch eingelegt wurde. Nach Angaben der großen Krankenkassen wie AOK, Barmer und TK haben bisher nur rund zehn Prozent widersprochen. Für alle anderen existiert bereits ein Konto, auch wenn viele davon nichts wissen. Auf den Webseiten der Krankenkassen finden sich mehrere Zugangswege:
- über die offizielle App der Gesundheitskasse auf dem Smartphone
- am PC über eine Desktop-Anwendung
- oder direkt in der Arztpraxis mittels Gesundheitskarte
Die Theorie klingt einfach, doch die Realität zeigt schnell, dass jede Variante ihre Tücken hat. Viele Nutzer entscheiden sich für die App-Version – doch die benötigt Speicher, Geduld und eine stabile Internetverbindung.
Registrierung und digitale Hürden
Die Anmeldung beginnt klassisch: Benutzername, Passwort, E-Mail-Bestätigung. Doch oft folgt schon der erste Stolperstein – ein Freischaltcode, der aus Datenschutzgründen per Post verschickt wird. Tage des Wartens sind also vorprogrammiert. Wer versehentlich die falsche App seiner Krankenkasse lädt, landet zudem in einer Sackgasse. Die Vielzahl ähnlicher Anwendungen sorgt für Verwirrung, und nicht jeder erkennt auf Anhieb, welche App tatsächlich Zugang zur ePA bietet.
Typische Fehlerquellen bei der Registrierung:
- Nutzung einer falschen App oder veralteten Version
- fehlender Freischaltcode oder verlorenes Passwort
- technische Probleme mit der Identifizierung
- zu wenig Speicherplatz auf dem Smartphone
Viele Nutzende empfinden diesen Prozess als unnötig kompliziert – besonders, wenn sie keinen deutschen Ausweis besitzen.
Identifikation ohne deutschen Ausweis – ein Problem für EU-Bürger
Die Verifizierung der Identität erfolgt in Deutschland meist per Online-Ausweis (eID) oder Aufenthaltstitel (eAT). Für Bürgerinnen und Bürger anderer EU-Länder ohne deutschen Ausweis wird der Vorgang damit fast unmöglich. Wer sich nicht elektronisch identifizieren kann, muss den Weg über die Hotline oder persönlich bei der Krankenkasse gehen. Der Versuch endet oft in einem Netz aus Weiterleitungen und widersprüchlichen Informationen. Selbst die Mitarbeitenden wissen manchmal nicht, welche Lösung aktuell gilt.
Alternative Identifikationsmethoden:
- persönlicher Besuch bei der Krankenkasse
- Identifizierung per Gesundheitskarte und PIN
- Post-Ident-Verfahren in einer Filiale
Letzteres erweist sich für viele als Rettung: Mit Reisepass und QR-Code lässt sich die Identität unkompliziert bestätigen – auch ohne deutschen Ausweis.
Post-Ident als Wendepunkt im digitalen Prozess
Nach dem Besuch bei der Post oder einer Partnerfiliale erhält man keine Unterlagen, sondern lediglich eine Bestätigung im System. Kurz darauf folgt die Freischaltung per E-Mail, und der Zugang zur Patientenakte wird aktiv. Damit gelingt endlich der Schritt ins digitale Gesundheitswesen. Doch die Freude hält sich in Grenzen: Beim ersten Login finden viele Nutzer eine leere Akte vor. Die Befüllung mit medizinischen Daten liegt nämlich in der Verantwortung der Ärztinnen und Praxen – und dieser Prozess hat gerade erst begonnen.
Was nach der Freischaltung zu beachten ist:
- Die ePA bleibt zunächst leer, bis Praxen Daten eintragen.
- Arztbriefe, Röntgenbilder und Rezepte erscheinen erst sukzessive.
- Patientinnen können selbst Dokumente hochladen oder Freigaben erteilen.
- Datenschutzrichtlinien bestimmen, wer Zugriff hat.
Diese Transparenz soll langfristig für mehr Kontrolle und bessere Versorgung sorgen, doch der Einstieg ist für viele noch zu umständlich.
Datenschutz und Vertrauen in die digitale Medizin
Neben den technischen Herausforderungen bleibt das Thema Sicherheit zentral. Viele Versicherte sorgen sich um den Schutz ihrer sensiblen Gesundheitsdaten. Laut Bundesgesundheitsministerium werden alle Informationen verschlüsselt gespeichert und nur nach ausdrücklicher Zustimmung geteilt. Dennoch bestehen Ängste vor Hackerangriffen oder unbefugter Nutzung durch Dritte. Expertinnen empfehlen, Zugriffsrechte regelmäßig zu prüfen und alte Freigaben zu löschen.
Datenschutz-Tipps für Nutzerinnen und Nutzer:
- PIN und Passwörter nicht weitergeben
- App regelmäßig aktualisieren
- nur vertrauenswürdige Geräte verwenden
- Zugriffsrechte in der App verwalten
Transparenz und Aufklärung sind entscheidend, damit aus Skepsis Vertrauen wird – und die elektronische Patientenakte ihr eigentliches Ziel erreicht: eine moderne, effiziente und patientenzentrierte Gesundheitsversorgung.
Der Weg zur elektronischen Patientenakte zeigt exemplarisch, wie ambitioniert, aber auch kompliziert Deutschlands Digitalisierung verläuft. In zwölf Stunden vom ersten Klick bis zur Freischaltung – das ist einerseits ein Fortschritt, andererseits ein Zeichen für den Nachholbedarf bei Benutzerfreundlichkeit. Dennoch markiert die ePA einen wichtigen Schritt in Richtung Zukunft. Wenn Praxen, Krankenkassen und Politik gemeinsam an einfachen Lösungen arbeiten, könnte sie bald das werden, was sie verspricht: ein praktisches Werkzeug, das unser Gesundheitssystem wirklich smarter macht.
