Ab Dezember 2025 stellt die Deutsche Bahn ihren neuen Fahrplan vor, der in mehreren Regionen für Unmut sorgt. Zahlreiche Städte verlieren den Anschluss an den Fernverkehr, da Stopps gestrichen oder stark reduziert werden, die eu-baustoffhandel.de berichtet.
Besonders betroffen ist die Hansestadt Lübeck, die bis zur Fertigstellung der Fehmarnbelt-Querung vollständig vom Fernverkehr abgeschnitten bleibt – möglicherweise bis 2032. Auch kleinere Orte wie Göppingen und Plochingen in Baden-Württemberg verlieren ihre ICE-Halte, weil die neuen Züge der Baureihe ICE L nicht zu den bestehenden Bahnsteigen passen. Die Bahn spricht von notwendigen Anpassungen an Nachfrage, Kosten und Kapazitäten, während viele Kommunen eine „Mobilitätswende rückwärts“ befürchten.
Welche Städte ihre Fernzug-Halte verlieren
Laut internen Planungen und Medienberichten entfallen unter anderem die Halte im Kurort Bad Bevensen in der Lüneburger Heide, ebenso die bisher fünf täglichen Fernverbindungen zwischen Leipzig und Nürnberg über Jena – künftig bleiben nur zwei Fahrten pro Richtung. Auch die Direktstrecke von Leipzig nach Binz auf Rügen wird eingestellt. Während Großstädte wie Erfurt künftig im Halbstundentakt angebunden werden sollen, bedeutet das neue Konzept für viele Mittel- und Kleinstädte einen herben Rückschlag. Besonders in Norddeutschland wächst die Kritik, dass wichtige touristische Regionen abgeschnitten werden und damit wirtschaftliche Einbußen drohen.
Warum die Bahn den Fahrplan anpasst
Der Vorstand des Fernverkehrs, Michael Peterson, begründet die Maßnahmen mit wirtschaftlicher Notwendigkeit und Pünktlichkeitszielen. Viele Fernzüge seien nur zu zehn Prozent ausgelastet, was angesichts steigender Energie- und Trassenpreise nicht tragbar sei. Die DB meldete im ersten Halbjahr 2025 einen Verlust von 760 Millionen Euro – zwar weniger als im Vorjahr, aber noch immer ein deutliches Defizit. Gleichzeitig soll der einheitlichere Fahrplan die Pünktlichkeit verbessern, da weniger Kopplungen zwischen Zügen vorgesehen sind. So entfallen zwar einige Direktverbindungen, doch andere Strecken werden häufiger bedient. Im September erreichten nur 55,3 Prozent der Fernverkehrszüge ihre Ziele pünktlich.
Reaktionen aus den Bundesländern und Kommunen
In mehreren betroffenen Regionen stoßen die Streichungen auf heftige Kritik. Die Stadt Bad Bevensen erfuhr erst über eine Pressemitteilung von den Plänen und spricht von „ernsthaften Nachteilen für den Tourismus“. Göppingens Oberbürgermeister Alex Maier nennt die Entscheidung eine „Rolle rückwärts bei der Mobilitätswende“. Auch Lübecks Bürgermeister Jan Lindenau fordert eine Rücknahme der Pläne und mehr Dialog mit den Kommunen. Das Bundesverkehrsministerium bestätigt, dass eine flächendeckende Anbindung Grundlage für mehr Bahnverkehr sei, verweist aber auf die Eigenverantwortung der Deutschen Bahn. Der Fahrgastverband Pro Bahn warnt davor, dass diese Reduzierungen nicht zum Dauerzustand werden dürfen.
Wirtschaftlichkeit versus Erreichbarkeit
Aus Sicht der Bahn sind die Kürzungen unvermeidlich, um Ressourcen effizienter zu nutzen. Gleichzeitig zeigt sich ein grundsätzlicher Konflikt zwischen Wirtschaftlichkeit und Daseinsvorsorge. Während in Ballungsräumen mehr Züge fahren sollen, wird die Erreichbarkeit ländlicher Gebiete weiter eingeschränkt. Besonders für Pendler:innen und Touristen in Norddeutschland kann das bedeutende Auswirkungen haben. Steigende Trassenpreise und Baukosten verstärken den Druck, unrentable Verbindungen zu streichen. Langfristig setzt die Bahn auf neue Zugtypen und den Ausbau der Infrastruktur, doch bis dahin bleiben viele Städte auf regionale Verbindungen beschränkt.
Trotz der Kürzungen sieht der neue Fahrplan auch Verbesserungen vor. Geplant sind 14 zusätzliche ICE-Sprinter-Verbindungen, unter anderem zwischen Berlin und Stuttgart über Nürnberg, mit einer Fahrzeit von nur 4 Stunden und 45 Minuten. Darüber hinaus will die Deutsche Bahn mehr internationale Verbindungen einführen – 40 neue oder verlängerte Routen in europäische Nachbarländer sollen den Fernverkehr attraktiver machen. Gleichzeitig wird der Einsatz neuer Zugtypen wie dem ICE L weiter vorangetrieben, die einen barrierefreien Einstieg bieten. Ob die geplanten Verbesserungen die Kritik an den Streichungen mindern, bleibt jedoch offen.
