Das Europäische Parlament hat am 21. Oktober 2025 eine umfassende Reform der Führerscheinrichtlinie beschlossen. Damit soll das Führerscheinsystem in der gesamten Europäischen Union digitaler, sicherer und einheitlicher werden, die eu-baustoffhandel.de berichtet.
Ziel ist es, den Straßenverkehr zu modernisieren, die Ausbildung zu verbessern und die Mobilität über Ländergrenzen hinweg zu erleichtern. Für Millionen Autofahrerinnen und Autofahrer bedeutet das tiefgreifende Änderungen. Einige Regelungen greifen bereits ab 2028, andere erst in den folgenden Jahren.
Digitaler Führerschein auf dem Smartphone
Eine der sichtbarsten Neuerungen ist die Einführung des digitalen Führerscheins. Künftig können Fahrerinnen und Fahrer ihren Führerschein direkt auf dem Smartphone speichern und bei Kontrollen vorzeigen. Die klassische Plastikkarte bleibt zwar noch gültig, soll aber nach und nach ersetzt werden. Der digitale Ausweis wird in allen EU-Ländern anerkannt und mit hohen Sicherheitsstandards ausgestattet, um Fälschungen zu verhindern. In Deutschland befindet sich das Projekt bereits in Vorbereitung, eine Testphase läuft über das Kraftfahrt-Bundesamt. Spätestens bis 2030 soll der digitale Führerschein vollständig verfügbar sein.
EU-weite Fahrverbote bei schweren Verkehrsdelikten
Ein weiterer zentraler Punkt der Reform ist die Einführung europaweit gültiger Fahrverbote. Wer in einem EU-Land wegen Trunkenheit am Steuer, Raserei oder anderer schwerer Verstöße seinen Führerschein verliert, darf künftig auch in anderen Mitgliedsstaaten nicht weiterfahren. Damit soll verhindert werden, dass Verkehrssünder nationale Grenzen ausnutzen. Die Systeme der Länder werden dafür digital miteinander verbunden, sodass Behörden schnell prüfen können, ob eine Sperre besteht. Das Ziel ist mehr Verkehrssicherheit und gleiche Standards in ganz Europa.
Neue Altersgrenzen für Lkw- und Busfahrer
Um dem akuten Fahrermangel in der Transportbranche zu begegnen, senkt die EU die Altersgrenzen für Berufskraftfahrer. Der Lkw-Führerschein kann künftig bereits mit 18 Jahren erworben werden, der Busführerschein mit 21 Jahren. Voraussetzung bleibt eine abgeschlossene Berufsausbildung oder ein spezielles Sicherheitstraining. Die Regelung soll jungen Menschen den Einstieg in die Branche erleichtern und gleichzeitig den wachsenden Bedarf im europäischen Güter- und Personenverkehr decken. Trotz der Absenkung bleibt die Sicherheit oberste Priorität, betont das EU-Parlament.
Neue Regelungen für Wohnmobilfahrer
Auch Besitzer von Wohnmobilen profitieren von den Änderungen. Wer künftig eine zusätzliche Schulung absolviert, darf Fahrzeuge bis zu einem Gesamtgewicht von 4,25 Tonnen fahren – bisher lag die Grenze bei 3,5 Tonnen. Damit reagiert die EU auf den technischen Fortschritt moderner Wohnmobile, die durch Batterien und Ausstattung oft schwerer sind. Die Regelung soll insbesondere den Tourismus fördern, ohne die Verkehrssicherheit zu gefährden. Für Fahrer, die regelmäßig größere Modelle bewegen, wird eine praxisorientierte Zusatzqualifikation empfohlen.
Fahrzeuge mit Elektro- und Wasserstoffantrieb
Die Reform berücksichtigt ebenfalls Fahrzeuge mit alternativen Antrieben. Elektro- und Wasserstoffautos dürfen künftig ein höheres zulässiges Gesamtgewicht haben, um die schwere Batterie- und Antriebstechnik auszugleichen. Ziel ist es, den Umstieg auf nachhaltige Mobilität zu erleichtern, ohne Fahrerinnen und Fahrer zu benachteiligen. Diese Anpassung soll auch im gewerblichen Bereich – etwa für Lieferdienste – spürbare Vorteile bringen. Damit wird die Energiewende im Verkehr weiter vorangetrieben und der Straßenverkehr zukunftssicher gestaltet.
Keine Pflicht-Gesundheitschecks für ältere Fahrer
Ein Vorschlag, der im Vorfeld stark diskutiert wurde, wurde schließlich verworfen: Es wird keine verpflichtenden Gesundheitschecks für ältere Fahrer geben. Statt einer europaweit einheitlichen Regelung dürfen die Mitgliedsstaaten selbst festlegen, welche medizinischen Anforderungen gelten. Ziel ist es, Bürokratie zu vermeiden und gleichzeitig Rücksicht auf nationale Unterschiede zu nehmen. Länder wie Deutschland wollen auf Eigenverantwortung setzen und ältere Fahrer regelmäßig zu freiwilligen Sehtests und Reaktionsprüfungen ermutigen.
Begleitetes Fahren und neue Pflichten für Fahrschüler
Das in Deutschland bekannte Modell des begleiteten Fahrens ab 17 Jahren soll künftig in allen EU-Ländern möglich werden. Damit sollen junge Menschen mehr praktische Erfahrung sammeln, bevor sie allein unterwegs sind. Gleichzeitig wird eine europaweite Probezeit von mindestens zwei Jahren für Fahranfänger eingeführt. Fahrschulen müssen künftig stärker auf die Sicherheit besonders gefährdeter Gruppen eingehen – etwa Fußgänger, Kinder und Radfahrer. Auch Themen wie Handynutzung am Steuer und der tote Winkel sollen fester Bestandteil der Ausbildung werden.
Umsetzung und Zeitplan
Die Mitgliedsstaaten haben bis zu drei Jahre Zeit, die neuen Vorschriften in nationales Recht umzusetzen. Hinzu kommt eine Übergangsfrist von einem Jahr, sodass mit einer vollständigen Umsetzung zwischen 2028 und 2030 zu rechnen ist. Einige Punkte wie die Digitalisierung des Führerscheins werden voraussichtlich zuerst in Pilotprojekten getestet. Das EU-Parlament betont, dass das Paket die Verkehrssicherheit langfristig erhöhen und den Straßenverkehr europaweit harmonisieren soll. Die Reform markiert einen der größten Schritte in der europäischen Verkehrspolitik der letzten Jahrzehnte.
Mit den neuen Führerscheinregeln will die Europäische Union den Straßenverkehr sicherer, gerechter und moderner machen. Der digitale Führerschein, neue Altersgrenzen und einheitliche Sanktionen sollen europaweit für Klarheit sorgen. Gleichzeitig profitieren Bürger von mehr Flexibilität, etwa beim Reisen oder Arbeiten in anderen EU-Ländern. Bis alle Neuerungen greifen, wird es noch einige Jahre dauern – doch das Ziel ist klar: ein einheitliches, digitales und zukunftsorientiertes Verkehrssystem für ganz Europa.
